"Schlimmer als die Verwandlungen der Außenwelt ins Groteske waren die Veränderungen, die ich in mir selbst, an
meinem innersten Wesen, verspürte. Alle Anstrengungen meines Willens, den Zerfall der äußeren Welt und die
Auflösung meines Ichs aufzuhalten, schienen vergeblich. Ein Dämon war in mich eingedrungen und hatte von meinem Körper,
von meinen Sinnen und von meiner Seele Besitz ergriffen. Eine furchtbare Angst, wahnsinnig geworden zu sein, packte mich.
Ich war in eine andere Welt geraten, in andere Räume, in eine andere Zeit.
... Lag ich im Sterben? War das der Übergang? Der Höhepunkt meines verzweifelten Zustandes war bereits überschritten, als der Arzt eintraf. Meine Laborantin klärte ihn über meinen Selbstversuch auf, da ich selbst noch nicht fähig war, einen zusammenhängenden Satz zu formulieren.
Nachdem ich ihn auf meinen vermeintlich vom Tode bedrohten körperlichen Zustand hinzuweisen versucht hatte, schüttelte er ratlos den Kopf, da er außer extrem weiten Pupillen keinerlei abnorme Symptome feststellen konnte. Puls, Blutdruck und Atmung waren normal. ... Langsam kam ich wieder aus einer unheimlich fremdartigen Welt zurück in die vertraute Alltagswirklichkeit. Der Schrecken wich allmählich und machte einem Gefühl des Glücks und der Dankbarkeit Platz, je mehr normales Fühlen und Denken zurückkehrte und die Gewißheit wuchs, daß ich der Gefahr des Wahnsinns endgültig entronnen war. Jetzt begann ich allmählich das unerhörte Farben- und Formenspiel zu genießen, das hinter meinen geschlossenen Augen andauerte.
Kaleidoskopartige sich verändernd, drangen bunte, phantastische Gebilde auf mich ein, in Kreisen und Spiralen sich öffnend und wieder schließend, in Farbfontänen zersprühend, sich neu ordnend und kreuzend, in ständigem Fluß. Besonders merkwürdig war, wie alle akustischen Wahrnehmungen, etwa das Geräusch einer Türklinke oder eines vorbeifahrenden Autos, sich in optische Empfindungen verwandelten.
Jeder Laut erzeugt in Form und Farbe entsprechendes, lebendig wechselndes Bild. ... Erschöpft schlief ich dann ein und erwachte am nächsten Morgen erfrischt mit klarem Kopf, wenn auch körperlich noch etwas müde. Ein Gefühl von Wohlbehagen und neuem Leben durchströmte mich. ... Als ich später in den Garten hinaustrat, in dem nach einem Frühlingsregen nun die Sonne schien, glitzerte und glänzte alles in einem frischen Licht. Die Welt war wie neu erschaffen. Alle meine Sinne schwangen in einem Zustand höchster Empfindlichkeit, der noch den ganzen Tag anhielt. ...
Von großer Bedeutung erschien mir, daß ich mich an alle Einzelheiten des im LSD-Rausch Erlebten erinnern konnte. ... Auch war ich mir während der ganzen Dauer des Versuchs bewußt, im Experiment zu stehen, ohne daß ich allerdings aus der Erkenntnis meiner Lage heraus und bei allen Willensanstrengungen fähig gewesen wäre, die LSD-Welt zu verscheuchen. ... Was ich an LSD erstaunlich fand, war seine Eigenschaft, einen derart umfassenden Rauschzustand zu erzeugen, ohne einen Kater zu hinterlassen".
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*Für seine außergewöhnlichen Arbeiten auf dem Gebiet der Naturstoffchemie verlieh der Fachbereich Pharmazie der
Freien Universität Berlin Dr. Albert Hofmann am 3. Dezember 1988 die Ehrendoktorwürde.
Zunächst schien LSD ein vielversprechendes Medikament zu sein. In den ersten Jahren wurde die Droge vielen psychologischen Forschern zugänglich gemacht, und Mitte der Fünfziger Jahre war bereits ein beachtlicher Erfahrungsschatz zusammengetragen worden. Da die Versuche auf psychiatrischer Ebene immer im kontrolliertem Setting gemacht wurden, und die Versuchspersonen davon in Kenntnis gesetzt worden waren, daß sie einen außergewöhnlichen Zustand erfahren würden, hatten sie keine negativen Auswirkungen. Besonderes Aufsehen erregte dagegen der Fall des Dr. Olson, dem man im Rahmen von Drogenexperimenten in der US-Army ohne sein Wissen LSD verabreicht hatte und der dann durch einen Sprung aus dem Fenster Selbstmord beging. Seiner Familie war damals unerklärlich, wie es bei diesem ruhigen, ausgeglichenen Mann zu dieser Tat hatte kommen können. Erst fünfzehn Jahre später, als die Geheimakten über jene Versuche öffentlich wurden, erfuhr sie den wahren Sachverhalt, worauf der damalige Präsident der Vereinigten Staaten, Gerald Ford, den Hinterbliebenen öffentlich das Bedauern der Nation zum Ausdruck brachte.
Aldous Huxley brachte 1956 den Begriff "psychedelisch" auf - es leitet sich von "Psyche" (Seele, Geist) und "delos" (hervorbringend oder manifestierend) her. Er war einer der ersten, die die Droge außerhalb einer medizinischen Anwendung probierten. Der Konsum der Droge breitete sich bei Wissenschaftlern, Künstlern und Intellektuellen aus, bald erschienen Reportagen in großen Magazinen.
So brachte das amerikanische Magazin "Look" 1959 einen Artikel "The curious story behind the new Cary Grant", in dem der berühmte Filmschauspieler über seine LSD-Erfahrungen im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung berichtete. Erst die Behandlung mit LSD habe aus ihm einen neuen, in sich selbst gefestigten Menschen gemacht, der nach drei gescheiterten Ehen nun glaube, jetzt wirklich lieben und eine Frau glücklich machen zu können. Auch das Buch von Constance A. Newland "My Self and I", in dem sie schildert, wie sie durch LSD von ihrer Frigidität geheilt wurde, dürfte zur Ausbreitung beigetragen haben. So kam es, daß die Substanz sich schneller verbreitete als das Wissen darüber, viele Menschen glaubten, es genüge, LSD zu nehmen um wunderbare Wandlungen in sich hervorzurufen. Zudem erloschen 1963 die Patente von Sandoz, so daß die Substanz praktisch von jedem hergestellt werden konnte.